1.)Prävalenz der Depression beim Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS)
Die Prävalenz der Depression bei Patienten mit Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS) reicht von 5-63 Prozent. Ein roher Prävalenz-Mittelwert könnte also bei 35 % liegen. (1) Neuere Studien der letzten 20 Jahre (2,3) zeigen bei OSAS eine sehr hohe Prävalenz der Depression und schizo-affektiver Störungen von bis zu 48% und 42% bei PTBS-Erkrankungen an.(3) Die CPAP-Therapie ist der Behandlung mit einer dentalen Protrusions-Schiene überlegen. Unter der CPAP-Behandlung bessern sich gleichzeitig die Lebensqualität, die Depression und auch die Angst. Der CPAP-Effekt war bei mittelschwerer und schwerer Depression besonders ausgeprägt wirksam.
Prävalenz-Ergebnisse bei psychiatrischen Diagnosen in der OSAS-Gruppe
Psychiatrische Erkrankungen | Range | Median | Anzahl der Studien | Range | Median | No of Studies |
---|---|---|---|---|---|---|
Schizophrenie | 0.7-47.8% | - | 2 (24,30) | - | - | - |
Schizo-affektive Störung | 3.2% | - | 1 (30) | - | - | - |
Schizophrenie + Psychosen | 48% | - | 1 (31) | 4.52 | - | 1 (25) |
BD-I und BD-II | 2.9-69% | 19.8 | 4 (24,30,32-34) | 6.9% | - | 1 (25) |
MDD | 0-66% | 48.1 | 8(24,26,30,32,35-39) | 7.4-44% | - | 2(25,39) |
Angststörungen | 47.5 | - | 1(26) | 6.4-58.1% | - | 2(25-39) |
PTSD | 1.3-83% | 42.7% | 7(24,28,40-44) | 46.4-50% | - | 2(25,39) |
PTSD = post traumatic stress disorder | BD-I = Bipolar Disorder Type I | BD-II = Bipolar Disorder Type II | MDD = major depression isorder |
Quelle: http://www.aasmnet.org/jcsm/ViewAbstract.aspx?pid=29881
2.)Ein-und Durchschlafstörungen (Insomnie) und OSAS und neuro-endokrine Dysfunktion
Die Depression ist oft mit einer Störung des Schlafes vergesellschaftet, so dass hier eine mögliche bi-direktionale Verbindung besteht.
Die Störung der Schlaf-Qualität durch Weck-Reaktionen (Arousals) führt zur Zerstörungs der normalen Schlaf-Architektur (Schlaf-Fragmentation) und Sauerstoffmangel (Hypoxie) verursachen als OSAS-Folgen die Entwicklung einer Depression. Stepansky et. al. berichten, dass die Schlaf-Fragmentation die Haupt-Ursache für die EDS-Entwicklung darstellt. Ishman et. al. berichten, dass Individuen mit OSAS und exzessiver Tagesschläfrigkeit (EDS) häufiger depressive Störungen aufweisen als diejenigen ohne EDS. Verschiedene bekannte exzitatorische und inhibitorische Neurotransmitter wie Serotonin, Norpepinephrin und Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) sind ebenso wie der oxydative Stress und die Hochregelung inflammatorischer Prozesse im Prozess-Gleichgewicht zwischen Wachheit und Stimmungs-Regulation involviert. (6,7)
Grunstein und Sullivan beschrieben 1989 eine neuro-endokrine Dysfunktion mit verringerten Plasma-IGF-I, Testosteron und SHBG-Spiegeln, die durch das SAS ausgelöst wurde. Das Ausmaß der neuro-endokrinen Dysfunktion hängt dabei vom OSAS-Schweregrad, dem Sauerstoff-Abfall (Nadir) und der Anzahl der Sauerstoff-Entsättigungs-Episoden ab. In einer Langzeit-Studie über 3 Monate konnten sie einen Anstieg (Normalisierung) der krankhaft gemessenen Laborergebnisse (pathologischen Parameter) dokumentieren. Die Autoren schließen ihre Untersuchung mit dem Hinweis, dass das Schlaf-Apnoe-Syndrom eine rückbildungsfähige Nerven-Hormonstörung (neuroendokrine Funktionsstörung) auslöst und ein bisher unerkannter Mitverursacher (Confounder) der Nerven-Hormonstörung (neuroendokrinen Korrelate) des Alters darstellen kann.(13)
3.)Die Depression beginnt schon in der Kindheit
Sinha und Guilleminault beschreiben bei den Symptomen der schlafbezogenen Atmungsstörungen bereits bei Schul-Kindern im Alter von 5-18 Jahren Stimmungsveränderungen im Sinne einer depressiven Störung.. D.h. die Depression beginnt bereits im Kindesalter im Rahmen einer meist nicht diagnostizierten schlaf-bezogenen Atem-Regulationsstörung.(8)
4.)Insomnie mit Schlaf-Apnoe-Syndrom
In den letzten 30 Jahren hat die Insomnie als begleitende Erkrankung bei der OSAS-Diagnostik nicht die nötige ärztliche Aufmerksamkeit erhalten und ist in den Hintergrund getreten. Bereits 1973 hatten C.Guilleminault, F.L. Eldrigde und W.C. Dement die Insomnie mit Schlaf-Apnoe-Syndrom als „neues Syndrom“ beschrieben. (9)
Laufzeiten der Insomnie-Entwicklung über mehr als 25 Jahre sind dabei keine Seltenheit. In den allermeisten Fällen entwickelt sich die Insomnie als intrinsische Störung ohne erkennbaren äußeren Anlass. Hierbei wird sowohl die Insomnie als auch das SAS in Kombination als auch als isolierte Entitäten symptomatisch. Bei der kombinierten Insomnie-SAS-Diagnose ist die von Sullivan 1981 beschriebene CPAP-Therapie der anzustrebende Gold-Standard.(10) Bei der isolierten Insomnie ohne OSAS sollte ein ein upperairway resistance syndrome (UARS)ausgeschlossen werden.
5.)Erweiterung des metabolischen Syndroms: …. ist die Depression das 5. Rad am Wagen des metabolischen Syndroms …?
Die Standard-Quartett-Mitglieder des metabolischen Syndroms – Adipositas, Hypertonus, Fettstoffwechsel-Störung und Insulin-Resistenz – kommen selten alleine daher. In der Regel sind noch ein oder zwei weitere Begleiter dabei. Erweitert man das metabolische Syndrom (= tödliches Quartett) um die häufig vorkommende Depression – als quasi „fünftes“ Rad am Wagen des rollenden metabolischen Syndroms, dann entsteht ein schwer-gewichtiges Quintett mit einer gewaltigen psycho-logisch-und-ökonominsch-sozialen Ausprägung, dass erhebliche langfristige Kosten-konsumierende Folgen nach sich zieht.
6.)CPAP-Therapie der Depression
Bereits 1989 berichteten Millman et.al. aus einer Gruppe 55 OSAS-Patienten von denen 19 Patienten unter der CPAP-Therapie einen Abfall des SDS-Score von 60.5 auf 44.4 (Zung-Self-Reporting Depression Scale (SDS)) dokumentieren konnten. Die Autoren schlossen daraus, dass das OSAS prominente Symptome einer Depression hervorrufen kann, der Depressions-Schweregrad mit der zugrundeliegenden Apnoe assoziiert ist und die CPAP-Therapie zur Depressions-Remission führt.(12)
7.)OSAS und Depression sind unabhängig assoziiert mit therapie-refraktärer Angina pectoris bei KHK
KHK-Patienten mit therapie-refraktärer Angina pectoris hatten einen höheren ESS Tagesschläfrigkeits-Score, einen höheren Depressions-Score (im Beck Depression Inventory), trotz ausgeprägterer antidepressiver Therapie, einen höheren AHI, einen höheren Prozentsatz an schwerem OSAS (AHI-30/h).(13)
In der multivariaten Analyse waren das OSAS, die Depression, der höhere ESS-Score und die niedrigere Schlaf-Effizienz unabhängig mit der refraktären Angina pectoris assoziiert.
Fazit: Sprechen die klinischen Zeichen und Symptome für eine Depression, dann sollte die adäquate Diagnostik zu allererst auf den SAS-Nachweis bzw. Ausschluß fokussiert sein. Als Gold-Standard steht dann die CPAP-Therapie im Vordergrund. Günstige Effekte der CPAP-Therapie werden besonders bei mittelschwerer und schwerer Depression beobachtet. Erst wenn diese Therapie nicht erfolgreich ist oder nicht ausreicht, dann sollte über eine differenzierte antidepressive Pharmako-Therapie nachgedacht werden.
Literatur:
- Shakir M. Ejaz, MD, Imran S. Khawaja, MD, Subhash Bhatia, MD, and Thomas D. Hurwitz, MD Obstructive Sleep Apnea and Depression – A Review; Innov Clin Neurosci. 2011 Aug; 8(8): 17–25. Published online 2011 Aug. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3173758/
- MA Gupta, FC Simpson, DCA Lyons The effect of treating obstructive sleep apnea with positive airway pressure on depression and other subjective symptoms: A systematic review and meta-analysis. Sleep medicine reviews, 2016 – Elsevier; Sleep Med Rev 2015; 28:51-64
- Madhulika A. Gupta, MD, FAASM; Fiona C. Simpson, HBSc Review Articles
- Obstructive Sleep Apnea and Psychiatric Disorders: A Systematic Review http://dx.doi.org/10.5664/jcsm.4466; J Clin Sleep Med 2015;11(2): 165-175
- American Academy of Sleep Medicine. The international classification of sleep disorders, 2nd ed.: diagnostic and coding manual. 2005. Westchester, IL: American Academy of Sleep Medicine;
- Young T, Palta M, Dempsey J, Skatrud J, Weber S, Badr S, authors. The occurrence of sleep-disordered breathing among middle-aged adults. N Engl J Med. 1993;328:1230–5.
- Stepanski E, Lamphere J Badia P, et. al. Sleep fragmentation and daytime sleepiness. Sleep. 1984;7(1):18–26.
- Ishman S, Carey RM, Meltel T. Depression, sleepiness and disease severity in patients with obstructive sleep apnea. Laryngoscope.
- Symptoms of sleep disordered breathing in children by age. Sinha et Christian Guilleminault., Indian J Med Res 131, Feb 2010, pp 311-320
- Guilleminault C, Eldridge FL, Dement WC. Insomnia with sleep apnea: A New Syndrome: Science. 1973 Aug 31;181(4102):856-8
- Sullivan CE, Issa FG, Berthon-Jones M, Eves L. Reversal of obstructive sleep apnoea by continuous positive airway pressure applied through the nares: Lancet. 1981 Apr 18;1(8225):862-5.
- Richard P Millman, M.D., Barry S. Fogel, M.D., Mary Eileen Mc Namara, M-D., and Carol C. Carlisle. Depression as a Manifestation of Obstructive Sleep Apnea: Reversal With Nasal Continuous Positive Airway Pressure J. Clin. Psychiatry 50:348-351, 1989
- Geovanini GR, Gowdak LH, Pereira AC, Danzi-Soares Nde J, Dourado LO, Poppi NT, Cesar LA, Drager LF, Lorenzi-Filho G. OSA and depression are common and independently associated with refractory angina in patients with coronary artery disease. Chest. 2014 Jul;146(1):73-80. doi: 10.1378/chest.13-2885. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24811214
- Grunstein RR1, Handelsman DJ, Lawrence SJ, Blackwell C, Caterson ID, Sullivan CE. Neuroendocrine Dysfunction in Sleep Apnea: Reversal by Continuous Positive Airway Pressure Therapie J Clin Endocrinol Metab. 1989 Feb;68(2):352-8.
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